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Risikoausschluss in der Pflichthaftpflichtversicherung

23.07.2010 - Als Pflichthaftpflichtversicherung werden jene Haftpflichtversicherungen bezeichnet, „zu deren Abschluss eine gesetzliche Verpflichtung besteht“ (§ 158b VersVG). Pflichthaftpflichtversicherungen werden in der Regel dort eingeführt, wo der geschädigte Dritte nach Ansicht des Gesetzgebers besonders schutzwürdig ist. Der gebotene Inhalt des Versicherungsvertrages muss in der Pflichthaftpflichtversicherung vom Gesetzgeber vorgegeben werden. Zumeist erfolgt lediglich eine positive Umschreibung des Risikos, das versichert werden muss und die Festlegung von Mindestversicherungssummen. Aussagen über Risikoausschlüsse finden sich dagegen nur ausnahmsweise. Mit der Frage der Zulässigkeit und der Wirksamkeit vertraglich vereinbarter Risikoausschlüsse hatte sich der OGH in seiner Entscheidung vom 21.4.2010, 7 Ob 33/10v zu befassen.

§ 20 Abs 2 WAG 1996 bestimmt, dass das Anfangskapital eines Wertpapierdienstleisters – je nach Geschäftsgegenstand – EUR 50.000,- bzw. EUR 125.000,- zu betragen hat. § 20 Abs 5 WAG 1996 räumt dem Wertpapierdienstleister die Möglichkeit ein, mangelndes Eigenkapital durch den Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung zu substituieren.

Der OGH war nun erstmals mit der Frage der Wirksamkeit von Risikoausschlüssen bei einer Haftpflichtversicherung gemäß § 20 Abs 5 WAG 1996 konfrontiert.

Im dem zu 7 Ob 33/10v entschiedenen Fall erwarb die Klägerin durch Vermittlung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens Namensaktien an einer Schweizer AG. Zum Zeitpunkt des Erwerbes der Wertpapiere war bei der österreichischen Kontrollbank kein gem. § 1 KMG geforderter Prospekt hinterlegt. Sowohl über das Vermögen der Schweizer AG als auch über das Vermögen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens wurde der Konkurs eröffnet. Die Namensaktien sind wertlos.

Im Versicherungsvertrag zwischen dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen und dem Haftpflichtversicherer wurde sowohl das Risiko der Vermittlung von Veranlagungen bei nicht befugten Unternehmen als auch das Risiko der Verletzung der gesetzlichen Prospektpflicht bei der Vermittlung von Veranlagungen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Die Klägerin begehrte Ersatz von der Berufshaftpflichtversicherung des Wertpapierunternehmens mit der Begründung, dass die Vermittlung mittels unrichtigen Prospekts ein Risiko aus der Geschäftstätigkeit darstelle und somit von der Haftpflichtversicherung gem § 20 Abs 5 WAG gedeckt sei. Die Haftungsausschlüsse seien unwirksam und schließen den von § 20 Abs 5 WAG vorgesehenen Versicherungsschutz zu Gunsten des Dritten de facto aus. Aus § 158c VersVG ergebe sich schließlich, dass durch die Vereinbarung von Risikoausschlüssen der Schutz des Dritten nicht untergraben werden dürfe.

Der OGH stellt in dieser Entscheidung klar, dass die Parteien einer Pflichtversicherung zwar Risikoausschlüsse und –begrenzungen vereinbaren können, damit aber deren Schutz nicht untergraben werden dürfe. Der geschädigte Dritte kann nur jene Rechte unmittelbar gegen den Versicherer geltend machen, die der Versicherungsvertrag einräumt.

Inwieweit den Parteien beim Abschluss des Versicherungsvertrages Gestaltungsfreiheit zukommt, hat sich daran zu orientieren, was der Gesetzgeber mit der Anordnung einer "dass aus der Geschäftstätigkeit resultierende Risiko abdeckenden" Pflichtversicherung erreichen wollte.

Vorausgeschickt sei, dass es dem Gesetzgeber zum Schutz der Anleger ausreicht, dass der Wertpapierdienstleister ein Anfangskapital von EUR 50.000,- bzw. EUR 125.000,- bereitstellt. Die substituierende Pflichtversicherung soll zwar – so der OGH in seinen Entscheidungsgründen - die gesamte Tätigkeit des Wertpapierdienstleisters versichern, stellt jedoch keine "all-risk-Versicherung" dar. Vielmehr ist von einer Versicherung mit üblichem Deckungsumfang, als auch mit üblichen Risikoausschlüssen und -begrenzungen auszugehen. Dem Haftpflichtversicherer ist nicht zumutbar, jegliches Handeln des Wertpapierdienstleisters abzudecken.

Die beiden Risikoausschlüsse sind wirksam, da sie den Deckungsumfang weder unüblich oder unsachlich beschränken noch den Anlegerschutz unverhältnismäßig einschränken. Von den Risikoausschlüssen umfasst ist jeweils ein gesetzwidriges Vorgehen oder zumindest ein Inkaufnehmen von Gesetzesverstößen durch den versicherten Wertpapierdienstleister. Ein durch ein solches Fehlverhalten bewirkter Schaden kann nicht mehr als "aus der (normalen) Geschäftstätigkeit des Wertpapierdienstleistungsunternehmen resultierend" bezeichnet werden.

Der von der Klägerin geltend gemacht Anspruch fällt auf Grund der wirksamen Vereinbarung der Risikoausschlüsse nicht unter das versicherte Risiko und kann folglich auch nicht auf Grundlage des §158c bis VersVG – der ja ein versichertes Risiko voraussetzt - geltend gemacht werden.


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