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Rechtssprechungsänderung zum Beweis des Zugangs einer eingeschriebenen Postsendung

24.07.2009 - Mit einer jüngst ergangenen Entscheidung gab Oberste Gerichtshof seine bisherige Judikatur auf, nach der die Aufgabe einer eingeschriebenen Briefsendung einen Anscheinsbeweis für den Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung bedeutete. Diese Entscheidung, die zur Frage des Zugangs einer qualifizierten Mahnung nach § 39 VersVG erging, ist über den unmittelbaren Anlassfall hinaus für sämtliche empfangsbedürftige Willenserklärung von Relevanz.

Aufgrund der Empfangstheorie rufen Willenserklärungen nur dann rechtliche Wirkungen hervor, wenn sie dem Adressaten zugehen. Unabhängig von der tatsächlichen Kenntnisnahme durch den Empfänger gilt eine Willenserklärung dann als zugegangen, wenn sie derart in dessen „Machtbereich“ gelangt, dass er sich unter normalen Umständen von ihrem Inhalt Kenntnis verschaffen kann. Bisher entsprach es der Rechtssprechung, dass bei eingeschriebenen Postsendungen deren Zugang prima facie zu unterstellen sei und daher der Adressat den Nichtzugang zu beweisen habe (7 Ob 675/89; vgl auch 1 Ob 267/03a). Dies wurde damit begründet, dass an die Erfüllung der Beweispflicht keine nahezu unerfüllbaren Ansprüche gestellt werden dürften, so dass in Fällen, in denen die weitaus überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt einer bestimmten Tatsache spricht, dem Bestreitenden aufgegeben wurde, das Gegenteil zu beweisen. Bis zu der vorligenden Entscheidung  7 Ob 24/09v ging der OGH von einer derart überwiegender Wahrscheinlichkeit des Zugangs einer eingeschrieben aufgegebenen Postsendung aus, so dass dem Versicherer im Regelfall bislang der Nachweis genügte, dass seine qualifizierte Mahnung eingeschrieben zur Post gegeben wurde. Für nicht eingeschriebene Postsendungen entsprach es im Übrigen auch schon bisher der ständigen Judikatur, dass die Aufgabe keinen prima-facies-Beweis des Zuganges bewirkte.

In der Entscheidung  7 Ob 24/09v vom 30.03.2009 distanzierte sich das Höchstgericht nunmehr von dieser Rechtssprechung und sprach aus, dass auch eine normale Einschreibsendung einen derartigen Anscheinsbeweis nicht rechtfertigen kann. Nach der nunmehr vertretenen Ansicht des OGH kann die bisherige Rechtssprechung im Wesentlichen aus zwei Gründen nicht weiter aufrecht erhalten werden: Es mangle bereits an dem erforderlichen typischen und unvermeidlichen Beweisnotstand weil über einen Nachforschungsauftrag bzw. das von der Post mittlerweile angebotene „Track & Trace" der Zustellvorgang selbst bewiesen werden könne und es gäbe darüber hinaus auch keine typischen Erfahrungssätze, die den Anscheinsbeweis rechttfertigen, weil Einschreibesendungen zwar mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den Adressaten erreichen würden, aber keine Erfahrungswerte vorliegen, dass dies praktisch aber immer der Fall wäre.

Als Konsequenz daraus kann nur empfohlen werden, empfangsbedürftige Willenserklärungen wie Kündigungen, Mahnungen udgl. in Zukunft entweder mit Rückschein zu versenden oder aber sich routinemäßig für „normal eingeschriebene“ Postsendungen – am Besten schon vor Klagseinbringung – über einen Nachforschungsauftrag von der Post die tatsächliche Übernahme der Sendung durch den Adressaten bestätigen zu lassen.

KD


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