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Neuerliche Anhebung der Bemessungsgrundlage im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht?

13.07.2006 - Während vor fünf Jahren eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer betreffend inländisches land- und forstwirtschaftliche Vermögen, inländisches Grundvermögen und inländische Betriebsgrundstücken durch den Gesetzgeber erfolgte, droht nun Gefahr aus einer anderen Richtung. Lesen Sie, was Sie dagegen tun sollten.

Der Verfassungsgerichtshof hat Bedenken gegen die derzeitige Besteuerung der Schenkung von Liegenschaften und hat daher von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet. Anlass für das Gesetzesprüfungsverfahren war eine anhängiges Beschwerde­verfahren, in dem die Ehegattin eines Erblassers in ihrem Pflichtteilsansprüche verletzt wurde.
Das Vermögen des Erblassers bestand im Wesentlichen aus Liegenschaften mit einem Verkehrswert von EUR 3.528.030,00 (dies laut einem eingeholte Bewertungsgutachten), während der dreifache Einheitswert lediglich EUR 6.322,53 betrug. Die Beschwerdeführerin verzichtete auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch und schloss mit den übrigen Erben und Legataren ein Übereinkommen, aufgrund dessen sie eine "Ausgleichszahlung" in Höhe von EUR 808.146,33 erhielt. Aufgrund dieser Vereinbarung wurde die Erbschaftsteuer auf Basis der vereinbarten Ausgleichszahlung vorgeschrieben (und nicht wie von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren gewünscht, auf Basis des dreifache Einheitswertes der hinterlassenen Liegenschaften).

Der Verfassungsgerichtshof hält in seinem Prüfungsbeschluss auszugsweise fest.

Als "Bewertungsgrundsatz" sieht § 10 BewG 1955 grundsätzlich (soweit nichts anderes vorgeschrieben ist) die Bewertung mit dem gemeinen Wert vor. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen, ausgenommen ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse. Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke (= Grundbesitz; § 18 Abs. 2 BewG 1955) ist nach § 19 Abs. 2 ErbStG das Dreifache des Einheitswertes maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird. Für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens hat die letzte Hauptfeststellung zum 1.1.1972 mit Wirksamkeit ab 1.1.1973 stattgefunden. Die damals festgestellten Einheitswerte wurden ab 1.1.1977 um 10 vH, ab 1.1.1980 um 20 vH und ab 1.1.1983 um 5 vH, insgesamt somit um 35 vH angehoben. Die zum 1.1.1982 vorgesehene Hauptfeststellung dieser Einheitswerte wurde durch den Gesetzgeber selbst mehrmals verschoben; sie sollte schließlich zum 1.1.1991 stattfinden (BGBl. 649/1987). Durch Art. IV BGBl. 695/1991 wurde jedoch schließlich angeordnet, dass der Zeitpunkt der nächsten Hauptfeststellung bei dieser Vermögensart gesondert durch Bundesgesetz festzusetzen ist. Ein solches Bundesgesetz ist bisher nicht erlassen worden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass für die wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens (und die ihnen gleichgestellten Betriebsgrundstücke) derzeit die Einheitswerte zum 1.1.1973, pauschal aufgewertet um 35 vH, maßgebend sind. Für die wirtschaftlichen Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (und die ihnen gleichgestellten Betriebsgrundstücke) sind hingegen die Einheitswerte zum 1.1.1988 maßgebend. Der Belastungsgrund der Erbschaftssteuer liegt offensichtlich darin, den Zuwachs an Leistungsfähigkeit (die Bereicherung) zu erfassen, den (die) eine Person durch unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden oder von Todes wegen erfährt. Eine solche Steuer dürfte nur dann sachgerecht ausgestaltet sein, wenn dieser Zuwachs gleichmäßig und nach sachlichen Maßstäben erfasst wird. Eine unterschiedliche Belastung der verschiedenen Vermögensarten kann daher in diesem Zusammenhang – gleichgültig, ob sie ihre Ursache in der Bewertung, in tatbestandsmäßigen Befreiungen oder in Tarifmaßnahmen hat - nur insoweit unbedenklich sein, als hiefür jeweils eine besondere sachliche Rechtfertigung besteht. Bei gleichem Verkehrswert hat ein Erwerber, der im Wege einer Erbschaft oder Schenkung Grundbesitz erwirbt, im Hinblick auf die notorische Unterbewertung des Grundbesitzes anscheinend lediglich einen Bruchteil jener Bemessungsgrundlage anzusetzen, die ein (steuerpflichtiger) Erwerber von Fahrnis oder Bargeld gegen sich gelten lassen muss, wobei die Auswirkungen auf die Steuerbelastung anscheinend durch den progressiven Tarif der Erbschaftssteuer noch verstärkt werden. § 19 Abs. 2 ErbStG scheint somit dazu zu führen, dass bei einer Steuer, die letztlich die Bereicherung erfassen will, die eine Person durch unentgeltliche Erwerbe unter Lebenden und von Todes wegen erfährt, die Steuerbelastung in keinem sachlichen Verhältnis zur Höhe dieser (gesamten) Bereicherung steht. Die Belastungsunterschiede ergeben sich dabei anscheinend nicht aus dem Umstand, dass für Grundbesitz besondere, allenfalls der spezifischen Funktion und Qualität dieser Vermögensart Rechnung tragende Bewertungsregeln bestehen (wogegen aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden wäre, soweit es sich um sachlich begründbare Unterschiede handelt), sondern dürften ausschließlich oder vorwiegend dem Umstand zuzuschreiben sein, dass die für eine realistische Bewertung erforderliche Hauptfeststellung der Einheitswerte seit Jahrzehnten unterlassen wurde. Der Gerichtshof vermag nun (vorderhand) für diese Belastungsunterschiede keine sachlichen Gründe zu erkennen ...

Nach Ansicht von BreitmeyerDecker Rechtsanwälte ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Verfassungsgerichtshof die der amtswegigen Prüfung unterzogenen Bestimmungen als verfassungswidrig aufheben wird.

Konsequenz einer derartigen Aufhebung wäre, dass in weiterer Folge entweder die wesentlich höheren Verkehrswerte als Bemessungsgrundlage herangezogen werden oder aber dass den wegen dwe zwischenzeitig eingetretenen Wertänderungen niedrigen Einheitswerten durch eine neue Hauptfeststellung begegnet wird. In beiden Fällen wird dies zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage und damit zu einer Erhöhung der Erbschafts- bzw Schenkungssteuer führen, so dass der Zeitpunkt einer bereits geplanten Schenkung von Liegenschaftsvermögen überdacht und diese eventuell vorgezogen werden sollte, um noch in den Genuss der niedrigen Einheitswerte zu gelangen.

Nachtrag vom 10.7.60026: Auch die Online-Ausgabe der Presse setzt sich in einem Beitrag (Ungleich: Erbschaftssteuer für Grundstücke zu niedrig?) mit dem Prüfungsbeschluss auseinander und gelangt zu dem Ergebnis, dass die niedrigere Einheitswert-Besteuerung verfassungsrechtlich zulässig wäre, weil diese in der Regel Private begünstigt, die ihre Liegenschaft vererben oder - in der Regel an ihre Kinder - verschenken.


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