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OGH, Beschluss vom 24.5.2004, 4 Ob 21/05z

Leitsatz: Das Nebenrecht eines Gewerbes darf nur ausgeübt werden, wenn auch das Gewerbe betrieben wird, aus dem es abgeleitet wird (OGH, Beschluss vom 24.5.2004, 4 Ob 21/05z)

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Wilfrid Raffaseder und Mag. Michael Raffaseder, Rechtsanwälte in Freistadt, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 16. Dezember 2004, GZ 1 R 178/04k-10, mit dem der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 27. August 2004, GZ 17 Cg 28/04f-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie wie folgt zu lauten haben:
Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin gegen die Beklagte auf Unterbleiben wettbewerbswidriger Handlungen, worauf die Unterlassungsklage gerichtet ist, wird der Beklagten aufgetragen, es ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die gewerbsmäßige Ausarbeitung von Filmen und digitalen Daten zu Fotos auszuüben, wenn sie nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung eines Fotografen gemäß § 94 Z 20 GewO verfügt.
Die Klägerin hat ihre Kosten des Sicherungsverfahrens vorläufig, die Beklagte ihre Kosten des Sicherungsverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung:


Beide Parteien übernehmen zu entwickelnde Filme und Datenträger, die ihnen ihre Kunden in Auftragstaschen per Post zuschicken, leiten die Filme und Datenträger an den Ausarbeiter weiter und schicken die fertigen Fotos dann wiederum per Post an die Kunden. Im Gegensatz zur Klägerin verfügt die Beklagte nur über eine Gewerbeberechtigung für „Handelsgewerbe und Handelsagenten mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe", nicht jedoch über eine solche nach § 94 Z 20 GewO für das reglementierte Gewerbe der „Fotografen".
Der Geschäftsführer der Beklagten rief im Jänner 2004 bei der Wirtschaftskammer W***** an und legte ihr die von der Beklagten geplante Tätigkeit dar. Daraufhin teilte ihm die Wirtschaftskammer mit Schreiben vom 29. Jänner 2004 mit, für die Tätigkeit der Ausübung des Anbietens von Fotoausarbeitung über den Versandhandel sei die Gewerbeberechtigung des freien Gewerbes „Handelsgewerbe und Handelsagent mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe" erforderlich; hiebei müsse sich aber in der Werbung widerspiegeln, dass es sich um den Fotoversandhandel handle.
Die Klägerin begehrt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen (Haupt-)Unterlassungsanspruchs, der Beklagten im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs die gewerbsmäßige Ausarbeitung von Filmen und digitalen Daten zu Fotos auszuüben, wenn sie nicht über die dafür erforderliche Gewerbeberechtigung eines Fotografen gemäß § 94 Z 20 GewO verfügt.
Die Beklagte biete seit Anfang 2004 sowohl die „klassische" Fotoausarbeitung von Negativfilmen als auch die Fotoausarbeitung von digitalen Datenträgern - allenfalls durch Subunternehmer - an. Die Bewerbung ihrer Leistungen erfolge durch Streuung von Fototaschen als Zeitungsbeilage oder Massensendung und im Internet. Die Beklagte weise dabei darauf hin, dass sie einen „erstklassigen und professionellen Ausarbeitungsservice für Farbfilme" biete. Für diese Tätigkeit wäre die Gewerbeberechtigung eines Fotografen gemäß § 94 Z 20 GewO erforderlich, über welche die Beklagte jedoch nicht verfüge. Sie verstoße daher gegen § 1 UWG.
Die Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Sie betreibe einen Fotoversandhandel, wobei die Filme und Datenträger von ihr an eine Konzerngesellschaft zur Ausarbeitung weitergeleitet würden. Eine Gewerbeberechtigung gemäß § 94 Z 20 GewO sei für diese Tätigkeit nicht erforderlich, was der Beklagten auch von der Wirtschaftskammer bestätigt worden sei. Jedenfalls habe sie auf Grund dieser Bestätigung davon ausgehen können. Sittenwidriges Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs könne ihr damit keinesfalls unterstellt werden.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagte habe auf die Richtigkeit der Auskunft der Wirtschaftskammer vertrauen dürfen. Diese habe ihrem eigenen Rechtsstandpunkt entsprochen, eine Gewerbeberechtigung gemäß § 94 Z 20 GewO nicht zu benötigen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige; der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.
Für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Gewerbeordndung vorliege, komme es nicht darauf an, welchen Eindruck ein Verhalten erwecke, sondern ob die reglementierte (vorbehaltene) Tätigkeit ohne entsprechende Befugnis tatsächlich ausgeübt werde. Die Beklagte führe die Ausarbeitung von Fotos auf Grund von Negativfilmen oder sonstigen Datenträgern jedoch nicht selbst aus. Auch in ihrer Anfrage an die Wirtschaftskammer habe die Beklagte deutlich gemacht, dass sie die Tätigkeit des „Anbietens von Fotoausarbeitung" auszuüben gedenke; dies sei aber etwas anderes als die „Vornahme der Ausarbeitung, also die Herstellung von Fotos". Die Auskunft einer Interessenvertretung, also etwa auch einer Wirtschaftskammer, könne durchaus geeignet sein, die Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung zu begründen.

Rechtssatz
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
Die Klägerin strebt - unter Hinweis auf § 1 UWG - mit ihrem Sicherungsbegehren ein Verbot der Ausübung der gewerbsmäßigen Ausarbeitung von Filmen und digitalen Fotos durch die Beklagte an, wenn diese nicht über die hiefür erforderliche Genehmigung eines Fotografen gemäß § 94 Z 20 GewO verfügt.
Dem Rekursgericht ist beizupflichten, dass es für die Beurteilung, ob ein Verstoß gegen die Gewerbeordnung vorliegt, nicht darauf ankommt, welchen Eindruck ein Verhalten erweckt, sondern maßgebend ist, ob die bewilligungspflichtige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird (4 Ob 97/89 = ÖBl 1990, 16 - GRAN CANARIA; 4 Ob 30/91 = ÖBl 1991, 84 - GLÜCKSSCHLÜSSEL; 4 Ob 189/01z). Dass das Ausarbeiten von Fotos eine dem Fotografengewerbe nach § 94 Z 20 GewO vorbehaltene Tätigkeit ist, zieht auch die Beklagte nicht in Zweifel. Sie meint jedoch, diese Tätigkeit nicht auszuüben, da sie einen „Fotoversandhandel" betreibe. Über die dafür notwendige Gewerbeberechtigung des freien Gewerbes „Handelsgewerbe und Handelsagenten mit Ausnahme des reglementierten Handelsgewerbes" verfüge sie.
Unter „Handel" (Handelstätigkeit) ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur die auf den Warenaustausch zwischen den einzelnen Wirtschaftsmitgliedern gerichtete, gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, wobei bereits dem Erwerb der Ware der Zweck, diese an andere Wirtschaftsmitglieder weiterzugeben, zugrunde liegen muss (VwGH 86/04/0035; Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO² [2003] § 154 Rz 2 mwN).
Die Beklagte übt keine derartige Tätigkeit aus: Nach dem festgestellten Sachverhalt übernimmt die Beklagte zu entwickelnde Filme und Datenträger, die ihr ihre Kunden in Auftragstaschen per Post zuschicken, leitet sie an den Ausarbeiter weiter und schickt die fertigen Fotos wiederum per Post an die Kunden zurück. Die Tätigkeit der Beklagten ist damit nicht auf den Warenaustausch, sondern auf eine Dienstleistung, nämlich die des Entwickelns von Filmen und Ausarbeitens von Fotos, gerichtet. Sie betreibt daher auch keinen „Fotoversandhandel", sondern übernimmt es im Versandweg, Filme (und andere Datenträger) entwickeln und ausarbeiten zu lassen. Dabei tritt die Beklagte auch nicht als Vermittlerin zwischen dem Kunden und dem Ausarbeiter auf, sondern sie übernimmt - wie sie selbst vorbringt - „belichtetes Fotomaterial zur Ausarbeitung". In dem von der Klägerin vorgelegten Werbeschreiben der Beklagten (Beilage ./B) wird auch ausdrücklich von „unserem Labor" gesprochen. Auf der Fototasche ist (weiß auf rot) aufgedruckt: „Wir entwickeln ..." (Beilage ./C). Nach dem insoweit unbestritten gebliebenen Sachverhalt ist daher davon auszugehen, dass der Ausarbeiter (im Übrigen eine Konzerngesellschaft der Beklagten) als Subunternehmer für die Beklagte tätig wird. Die Beklagte übt (und bietet) damit aber jene Tätigkeit aus (an), die ihr untersagt werden soll: Sie arbeitet Filme und digitale Daten zu Fotos gewerbsmäßig aus.
In ihrer Revisionsrekursbeantwortung vertritt die Beklagte die Auffassung, als Inhaberin des allgemeinen Handelsgewerbes berechtigt zu sein, mit Fotoartikeln zu handeln und/oder unabhängig davon die Ausarbeitung von Aufnahmen anzubieten, sofern sie sich zur Durchführung befugter Gewerbetreibender bedient. Die Beklagte behauptet aber nicht, tatsächlich mit Fotoartikeln oder Fotoverbrauchsmaterial (oder mit anderen Waren) zu handeln. Damit stellt sich aber die Frage, ob der Inhaber eines Gewerbes eine Nebentätigkeit dieses Gewerbes ausüben darf, wenn er das Gewerbe selbst gar nicht ausübt.
Nach § 29 GewO 1994 idF der GewRNov 2002 ist für den Umfang einer Gewerbeberechtigung der Wortlaut der Gewerbeanmeldung oder des Bescheides im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften maßgebend; im Zweifelsfall sind unter anderem die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen zur Beurteilung des Umfangs der Gewerbeberechtigung heranzuziehen, nach Auffassung des erkennenden Senats darüber hinaus auch Angaben etwa eines Berufslexikons, Ausbildungsvorschriften, aber auch Arbeitsbeschreibungen und Fachstatuten von Fachgruppen der Kammer der gewerblichen Wirtschaft (4 Ob 109/91 - WERBESCHILDER; 4 Ob 45/92 = ÖBl 1992, 120 - PLAKATKAMPAGNE).
Der Fotohandel gehörte nach der GewO 1859 zum Allgemeinen Handelsgewerbe (§ 1a Abs 1 lit b Z 45), wobei § 38a Abs 5 Inhaber von Handelsgewerben, die sich mit dem Verkauf von fotografischen Bedarfsartikeln befassten, berechtigte, Bestellungen auf Ausarbeitung von Amateuraufnahmen zur Ausführung durch befugte Fotografen zu übernehmen, soweit der erwähnte Verkauf tatsächlich und nicht nur zum Schein betrieben und die Verkaufsstelle äußerlich ausdrücklich als Übernahmsstelle bezeichnet wurde. Durch die GewO 1973 wurde der Fotohandel, also der Handel mit Fotoartikeln und Fotoverbrauchsmaterial, zu einem Sonderhandelsgewerbe (§ 103 Abs 1 lit b Z 18), wobei Fotohändler (weiterhin) berechtigt waren, Bestellungen auf Ausarbeitungen von Aufnahmen durch Fotografen zu übernehmen. Dies ergab sich zwar nicht mehr aus einer ausdrücklichen Bestimmung, wie dem § 38a Abs 5 GewO 1859, wohl aber aus § 35 GewO 1973, wonach Händler berechtigt waren, Bestellungen auf Bearbeitungen von Waren, zu deren Verkauf sie befugt waren, zu übernehmen, sofern sie diese Arbeiten durch befugte Gewerbebtreibende ausführen ließen. Als eine solche Bearbeitung von Waren wurde auch die Ausarbeitung von belichteten Filmen angesehen (Mache/Kinscher, GewO5 [1982] § 103 Anm 108), sodass eine dem § 38a Abs 5 GewO 1859 entsprechende Sonderregelung entbehrlich war (Mache/Kinscher aaO § 35 Anm 5).
Mit der GewRNov 1992 wurde das Sonderhandelsgewerbe des Fotohandels wieder beseitigt und ging im Allgemeinen Handelsgewerbe auf (§ 124 Z 11 GewO 1973); aus § 35 wurde aber weiterhin das Nebenrecht der Fotohändler im Sinne des § 38a Abs 5 GewO 1859 auf Ausarbeitung von belichtetem Fotomaterial abgeleitet. Diese Rechtslage änderte sich durch die GewO 1994 nicht (vgl Kinscher/Sedlak, GewO6 [1996] § 35 Anm 5).
Seit der GewRNov 2002 sind die Nebenrechte der Gewerbetreibenden in § 32 GewO 1994 geregelt (vgl Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO² [2003] § 32 Rz 1). Diese Bestimmung erwähnt die Übernahme der Bearbeitung von Waren, zu deren Verkauf der Gewerbetreibende (Händler) befugt ist, sofern diese Arbeiten durch befugte Gewerbetreibende ausgeführt werden (§ 35 GewO 1973 bzw 1994 alt), nicht mehr. Die historische Entwicklung des Nebenrechts der Fotohändler zur Ausarbeitung von belichtetem Fotomaterial sowie die Zielsetzung der GewRNov, die Gewerbeordnung zu liberalisieren, legen jedoch die - auch von der Bundesinnung der Fotografen der Wirtschaftskammer Österreich vertretene (Beilage ./K) - Auffassung nahe, dass Händler zur Übernahme von Ausarbeitungen von fotografischen Aufnahmen jedenfalls dann befugt sind, wenn ein Fotohandel tatsächlich ausgeübt wird. Soweit sich nun die Beklagte gegen die letztgenannte Einschränkung wendet und meint, jeder Händler dürfe das Nebenrecht ausüben, das heißt unabhängig davon, ob er auch mit Fotoartikeln oder Fotoverbrauchsmaterial handelt, braucht darauf nicht näher eingegangen zu werden, weil die Beklagte gar nicht behauptet, mit sonstigen Waren zu handeln; sie erbringt vielmehr ausschließlich die Dienstleistung der Ausarbeitung von Filmen und digitalen Daten zu Fotos. § 32 Abs 2 GewO 1994 idF der GewRNov 2002 normiert aber als allgemeine Schranke, die eine missbräuchliche Inanspruchnahme der Nebenrechte verhindern soll, dass bei deren Ausübung der wirtschaftliche Schwerpunkt und die Eigenart des Betriebs erhalten bleiben müssen.
Damit darf aber ein Gewerbetreibender nicht im Weg der Ausübung eines oder mehrerer Nebenrechte den wirtschaftlichen Schwerpunkt seiner hauptberuflich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit verschieben und damit die Eigenart seines ursprünglichen Betriebs verändern (Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO² [2003] § 32 Rz 29). Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beklagten entbehren somit jeder Grundlage. Die von ihr angenommene Ungleichbehandlung zwischen Fotohändlern und anderen Händlern besteht nicht, weil jedes Nebenrecht nur ausgeübt werden darf, wenn auch das Gewerbe betrieben wird, aus dem es abgeleitet wird. Andernfalls könnten gewerberechtliche Vorschriften leicht umgangen werden; die Beschränkung ist daher auch sachlich gerechtfertigt.
Sittenwidrig handelt, wer bewusst in den gesetzlichen Vorbehaltsbereich einer fremden Gewerbeberechtigung eingreift, um so im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen, weil er dann ein Gewerbe ohne Gewerberechtigung, die erst den Zugang zur Ausübung des Gewerbes ermöglicht, ausübt (4 Ob 29/02x = ÖBl-LS 2002/81 - SCHWANGERSCHAFTSTEST mwN).
Das Angebot von Leistungen, die dem Fotografengewerbe vorbehalten sind, durch ein Unternehmen, das nicht über die dafür notwendige Gewerbeberechtigung verfügt, kann daher einen Verstoß gegen § 1 UWG begründen, wenn die Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften subjektiv vorwerfbar ist.
Die Beklagte bestreitet die subjektive Vorwerfbarkeit des ihr angelasteten Gesetzesverstoßes. Sie habe aufgrund der Auskunft der Wirtschaftskammer mit guten Gründen annehmen können, keine Berechtigung für das Fotografengewerbe zu benötigen. Ein Gesetzesverstoß begründet kein sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn bei unterschiedlicher Auslegung der verletzten Vorschrift die Auffassung des Beklagten über ihre Bedeutung durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten werden kann (4 Ob 331/83 = SZ 56/2 = METRO POST I uva).
Mit gutem Grund kann eine Auffassung vertreten werden, wenn sie der Rechtsansicht und ständigen Verwaltungspraxis der zuständigen Behörde (4 Ob 334/87 = MR 1987, 107 [Korn] – RUBBEL-PUZZLE; 4 Ob 137/94) oder einer mündlichen, als Bescheid zu qualifizierenden Verfügung der zuständigen Verwaltungsbehörde (4 Ob 1122/93) oder einer (schriftlichen) Äußerung der obersten Verwaltungsbehörde in Gewerberechtsangelegenheiten (4 Ob 137/94) entspricht. Ob dem eine Auskunft der Wirtschaftskammer gleichzuhalten ist, braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden: Die Wirtschaftskammer betont in ihrem Schreiben, dass ihre Auskunft für den „Fotoversandhandel" gilt. Einen Fotoversandhandel übt die Beklagte jedoch nicht aus. Ihr Geschäftsführer hat daher entweder die von ihr geplante Tätigkeit missverständlich beschrieben oder er ist missverstanden worden. Beides ist Risiko der Beklagten. Damit kann sich die Beklagte aber auch nicht darauf berufen, ihre - vom erkennenden Senat nicht geteilte - Rechtsauffassung aufgrund der Auskunft der Wirtschaftskammer mit guten Gründen zu vertreten.
Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.


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